Kulturgut Schinken
Der Jamon Iberico ist schon wieder so ein spanisches Kulturgut für das es in der Welt kein gleichwertiges Pendant gibt. Aber was ist mit Parma, mit San Daniele, mit Rohschinken aus Südtirol und Österreich? Sorry – Da liegen Kilometer dazwischen.
Das fängt beim fetten, robusten Iberico Schwein an, dass in den kargen Eichenwäldern grasen darf und den Gutteil seiner Masse über das vorhandene Futter von Eicheln und Gräsern gewinnt. Das Fleisch an sich, schon lange vor dem jahrelangen Reifungsprozess, schmeckt anders. Es ist die Grundlage für den nussigen würzigen Geschmack, der hauchdünn geschnitten nicht zu übertreffen ist. Aber der Preis? In Wahrheit ist der edle Iberico so intensiv und wird in so dünnen Scheibchen gegessen, dass er pro Portion gar nicht mehr viel teurer als ein anderer Rohschinken ist. Hier machen 50 g einfach so viel her, wie von einem vergleichbarem Konventionellen 200g. Außerdem muss man sich ja nicht jeden Tag damit vollstopfen, das macht man auch mit Kaviar, Trüffeln und anderen noblen Genüssen nicht.
Warum sind in den Geschäften so viele Schinken eingespannt und woher kommen die Preisunterschiede?
- Es gibt drei klar definierte Qualitätsstufen. Je nachdem wieviel Getreide den schwarzen Schweinchen zugefüttert wird, dürfen sie sich Jamon Iberico „Bellota“ („Eichel“), oder Jamon Iberico „Cebo de Campo“ („Futter vom Feld“) nennen. Wenn nur „Cebo“ als Zusatzbezeichnung draufsteht, dann ist es zwar das richtige Schweinchen gewesen, das Futter war aber eine Getreidemischung.
- Dann haben wir die verschiedenen „D.O.s“, die kontrollierten Herkunftsbezeichnungen. Es macht einen Unterschied in welcher Region das fröhliche Tier gegrast hat! Extremadura? Salamanca? Huelva? Alle werden extra angeschrieben und ein typischer Spanier hat auch hier seine Lieblingsherkunft.
- Einen wesentliches Qualitätskriterium ist natürlich auch die Reifezeit. Der Schlögl wird mehrmals gesalzen und reift in Kellern über mindestens 12 und im besten Fall 36 Monate, manche sogar länger. Das Fett zieht sich in das Muskelfleisch rein und macht die Sache unglaublich schmackhaft und mürbe.
Fällt Euch was auf? Ja genau - das ist fast so kompliziert wie die Österreichischen Weinbezeichnungen! 😉
Wenn man durch die Altstadt von Vilafranca schlendert und an „diesem“ Schinken-Fachgeschäft (www.ibericus.eu) vorbeikommt, dann ist es schwer, nicht magisch hinein gezogen zu werden. Unglaublich behände schneidet die Dame geduldig und mit Respekt von dem besonderen Stück, feinste Scheiben vom Knochen. Alle Sorten sind gewissenhaft mit ihrer Herkunft angeschrieben und ausgepreist.
Wenn man sich umschaut bleibt der Mund offen: an der Decke und an den Wänden hängen dicht an dicht zigtausende Euro dieser Delikatessen, dazwischen sitzen wir später an dem Tischchen und genießen die Verkostung in kleinsten Einheiten – mit tomatisiertem Weißbrot und einem feinen Glas Garnacha dazu. Stück für Stück kulinarische Volkskultur!